Mythen der Wohnraumlüftung

Kontrollierte Wohnraumlüftung ist ein wichtiges Thema, das Bauherren, Planer, Architekten, Hausbesitzer und Bewohner beschäftigt. Leider kommt es immer wieder vor, dass Falschinformationen und Mythen verunsichern. Einige Gerüchte, Irrtümer und Halbwahrheiten wollen wir aus der Welt schaffen:

Mythos 1 – Fenster dürfen nicht geöffnet werden

Fenster dürfen natürlich auch beim Betrieb einer mechanischen Wohnraumlüftung weiterhin nach Wunsch geöffnet werden – nur notwendig ist es nicht mehr. Gerade an den heißen Tagen im Jahr macht es aber zum Beispiel durchaus Sinn, frühmorgens durchzulüften, um die kühle Außenluft zu nutzen und die Räume zu temperieren, auch wenn eine mechanische Lüftung schon für Frischluft sorgt. Denn: eine Lüftungsanlage ist KEINE Klimaanlage. Ihr Zweck ist es, frische, gefilterte Luft in die Wohnräume zu transportieren.

Sobald man das Bedürfnis hat, das Fenster zu öffnen, sollte man das auch tun. Mit einer Lüftungsanlage hat man dazu aber oft gar keinen Anlass.

Zusammenfassend: Man kann das Fenster öffnen, muss aber nicht.

Mythos 2 – Die Luft in den Wohnräumen wird zu trocken

Dieser „Mythos“ ist zum Teil sogar richtig. Da Lüftungsanlagen neben der Frischluftversorgung auch dafür konzipiert sind, hygienischen Feuchteschutz zu gewährleisten und Schäden durch Schimmel vorzubeugen, wird der Raumluft Feuchtigkeit entzogen und die Raumluft kann als zu trocken wahrgenommen werden.

Demgegenüber steht das physikalische Phänomen, dass kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme Luft. Daher ist kalte Luft tendenziell immer trockener als warme Luft. Vor allem im Winter stellt man daher fest, dass die Raumluft nach ausreichender Lüftung trockener ist als im Sommer. Dabei spielt es praktisch keine Rolle, ob die Lüftung über ein offenes Fenster oder über eine mechanische Lüftung erfolgt. D. h. das Phänomen der zu trockenen Luft gibt es nicht unbedingt nur bei der mechanischen Lüftung.

Aber: Bei einer mechanischen Lüftung können zusätzlich Sensoren für Feuchte und Luftqualität installiert werden. Diese können dann so eingestellt werden, dass sie die Luftmenge nutzerabhängig richtig steuern. Und für Personen, die gegenüber trockener Luft sehr empfindlich sind, sind Lüftungsgeräte mit einer Feuchterückgewinnung zu empfehlen, die aus der Abluft neben Wärme auch etwas Feuchtigkeit zurückgewinnen. Dadurch trocknet die Raumluft im Endeffekt weniger aus. Bei einer nichtmechanischen Lüftung gibt es die Möglichkeit der Feuchterückgewinnung natürlich nicht.

Mythos 3 – Staub wird aufgewirbelt und es zieht

Der Luftstrom, der durch eine Lüftungsanlage verursacht wird, ist so gering, dass er vom Bewohner nicht wahrgenommen wird, nur unmittelbar am Ventil. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fensterlüftung, bei der ein starker Luftstrom und somit Zug entsteht. Es wird also mit einer Lüftungsanlage deutlich weniger Hausstaub aufgewirbelt. Zusätzlich arbeiten die Lüftungsanlagen mit Filtern, Grob- und Feinfiltern, die die Luft, die eingeführt wird, säubern. Durch Wärmerückgewinnung wird die Außenluft an die bestehende Raumluft temperaturmäßig angeglichen, somit werden Zugerscheinungen vermieden.

Mythos 4 – Lüftungsanlagen sind Stromfresser

Die Angst, dass Wohnraumlüftungen die Stromrechnung in die Höhe treiben, ist bei näherem Hinsehen unbegründet. Wohnraumlüftungsanlagen sind auf maximale Effizienz ausgerichtet und arbeiten mit Wärmerückgewinnung. Die Wärme der Abluft wird zur Vorerwärmung der Frischluft genutzt. Damit ist es möglich, minus 10 Grad Celsius kalte Außenluft auf rund 17 Grad Celsius zu erwärmen, wenn sie in die 20 Grad Celsius warmen Innenräume gelangt – ganz ohne zusätzliche Energiezufuhr. Damit übersteigt die gewonnene Energie den sehr geringen Strombedarf des Ventilators. Im Gegensatz dazu gelangt bei herkömmlicher Fensterlüftung die warme Raumluft ungenutzt ins Freie. Zusätzlich dringt kalte Luft ein, die sich erst langsam und energieintensiv aufwärmt. Die Energiebilanz ist daher bei Wohnraumlüftungsanlagen besser als bei der Fensterlüftung. Dies wird auch von der EU mit der Eco-Design-Richtlinie gefordert. Seit 1.1.2018 darf keine Lüftungsanlage verkauft werden, die in der Energie-Gesamtbilanz weniger als 20 kWh/m²a zurückgewinnt, d.h. Lüftungsanlagen dürfen in Summe keine Energie verbrauchen.

Die Vorstellung, dass Lüftungsanlagen Stromfresser sind, rührt wohl noch aus vergangenen Zeiten her, als Lüftungsanlagen noch mit Wechselstrom betrieben wurden und Luftschalldämpfer oder lange Rohrnetze den Stromverbrauch tatsächlich in die Höhe getrieben haben. Heutzutage werden in Lüftungsanlagen meist sehr effiziente Gleichstrommotoren genutzt, was einen insgesamt sehr niedrigen Energieverbrauch ergibt.

Mythos 5 – Lüftungsanlagen verschmutzen schnell und sind unhygienisch

Das trifft tatsächlich nicht zu. Es stimmt zwar, dass Lüftungsanlagen in regelmäßigen Abständen gewartet und kontrolliert werden müssen, die Anlagen selbst verschmutzen im Regelfall aber nicht, denn vorgeschaltete Filter schützen effektiv vor Verschmutzungen. Die Filtermatten können im Normalfall durch den Betreiber sehr leicht selbst gewechselt oder gereinigt werden, im Notfall kann unter Umständen ein Installateur zur Unterstützung vorbeikommen. Insbesondere bei dezentralen Geräten sind Einzelteile aber sehr leicht zugänglich und einfach zu handhaben und alle 3 Monate mit geringem Zeitaufwand zu warten.

Mythos 6 – Die nachträgliche Installation einer Lüftungsanlage ist teuer und kompliziert

Bei zentralen Lüftungsanlagen trifft das zum Teil tatsächlich zu. Hier müssen Rohre für das Leitungssysteme verlegt werden, was bei einem Neubau ungleich leichter zu bewerkstelligen ist. Bei dezentralen Einzelraumlüftungen ist der Aufwand für eine nachträgliche Installation allerdings sehr überschaubar. Erforderlich sind nur eine Außenwand für die Kernlochbohrung(en), wo die Anlage montiert werden kann und ein Stromanschluss sowie bisweilen ein Datenkabel. Luftzufuhr und Abtransport der Abluft finden direkt am Einbauort statt, weitere Lüftungsrohre sind also nicht nötig und brauchen daher auch nicht verlegt werden.

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